Württemberg-Allgäu-Bahn Bhf Kisslegg - copyright bodoSieben Jahre ist es her, dass die Zugverbindungen im württembergischen Allgäu gekürzt wurden. Im Kißlegger Schloss wurde nun das neue Bedienungskonzept zwischen Aulendorf, Memmingen und Lindau vorgestellt, das ein verbessertes Zugangebot mit teilweise wieder stündlichen Zugtakten bringt.

Zum 11. Dezember wird auf den Verbindungen Aulendorf – Kißlegg – Leutkirch, Aulendorf – Kißlegg – Wangen und Leutkirch – Kißlegg – Wangen wieder ein teilweise stündliches Zugangebot eingeführt. Wenn auch Bedienungslücken, beispielsweise vormittags unter der Woche oder im Wochenend-verkehr, so ist die Verbesserung des Zugangebotes auf diesen Streckenabschnitten ein weiterer Schritt in Richtung eines attraktiven Nahverkehrsangebots für Bürger und Gäste. Deshalb freut sich der Sprecher der Initiative Allgäubahn, der Kißlegger Bürgermeister Dieter Krattenmacher, dass es gelungen ist, diese Verbesserung zu erreichen.

Möglich wurde diese Maßnahme, weil die Nahverkehrsgesellschaft Baden-Württemberg (NVBW) 80.000 zusätzliche Zugkilometer im Auftrag des Ministeriums für Verkehr und Infrastruktur bestellt. Erarbeitet wurde dieses Konzept in der Arbeitsgruppe Allgäubahn, die das Landratsamt Ravensburg vor Jahren eingerichtet hat und in der neben Dieter Krattenmacher auch Vertreter von RAB, privaten Busunternehmen, bodo und dem Regionalverband Bodensee-Oberschwaben beteiligt waren.

Die Fahrplanneuerungen im Detail

Auf der Spange Aulendorf – Kißlegg – Leutkirch – Memmingen - Ulm verkehrt zweistündlich eine beschleunigte Regionalbahn (RB), die in Aulendorf, Kißlegg und Memmingen gute Anschlüsse an weiterführende Verbindungen hat. In Aulendorf wird in der Relation Friedrichshafen der Anschluss an die Bodensee-Oberschwaben-Bahn hergestellt. Der Anschluss des Interregio-Express aus und in Richtung Friedrichshafen kann leider nicht hergestellt werden, da die Fahrplanzeiten Memmingen – Aulendorf trotz Beschleunigung zu knapp sind.

In Kißlegg bestehen Anschlüsse in Richtung Wangen. Auf dieser Linie kommen ab Fahrplanwechsel moderne, spurtstarke Triebwagen der Baureihe VT 650 Regio Shuttle zum Einsatz mit klimatisiertem Fahrgastraum und niederflurigem Einstieg. Außerdem werden für die Haltepunkte Alttann und Tannheim Bedarfshalte eingeführt. Bedarfshalt bedeutet, dass der Fahrgast rechtzeitig vor dem Ausstieg die Haltewunschtaste drücken oder sich zum Einstieg dem herannahenden Zug bemerkbar machen muss. Die Triebwagenführer fahren entsprechend langsam und berücksichtigen die Haltewünsche. Sollte niemand ein- oder aussteigen wollen, kann der Zug durchfahren und so Zeit und Energie sparen.

Auf der Spange Aulendorf – Kißlegg – Wangen – Hergatz – Lindau verkehrt eine zweistündliche Regionalbahn mit Anschlüssen in Aulendorf (auch vom und zum IRE Friedrichshafen), Kißlegg (in /aus Richtung Leutkirch) und Lindau. Einige dieser Züge sind bis und ab Friedrichshafen durchgebunden, so dass umsteigefreie Verbindungen zwischen der Zeppelinstadt und dem Allgäu entstehen.

Durch die Überlagerung dieser beiden Regionalbahnen entsteht auf dem Abschnitt Aulendorf – Kißlegg eine annähernd stündliche Bedienung, abgesehen von wenigen Lücken.

Auf dem Streckenabschnitt Leutkirch – Kißlegg – Wangen wird ein Pendelzugsystem eingesetzt, dessen Aufgabe es ist, passgenau zwischen den zweistündlich verkehrenden Regionalbahn-Linien die stündlichen Verbindungen zu ergänzen und im Drehkreuz Kißlegg die entsprechenden Anschlüsse herzustellen. Wegen der kontingentierten Zugkilometer mussten dabei einige Bedienungslücken in Kauf genommen werden.

Zwischen Wangen und dem bayerischen Allgäu verkehren montags bis freitags 4 Zugpaare, an Wochenenden 1 Zugpaar und schaffen somit umsteigefreie Verbindungen. Wegen der Einführung des Neigetechnik-betriebs zwischen Immenstadt und Lindau ergibt sich auf dieser Strecke eine neue Fahrplankonstellation, die es nicht mehr ermöglicht, durchgehende stündliche Anschlussverbindungen nach Kißlegg herzustellen. Ergänzend zu den zweistündlich verkehrenden Regionalbahnen Lindau – Kißlegg – Aulendorf verkehren deshalb noch Pendelzüge zwischen Wangen und Hergatz, die in Hergatz die Anschlüsse von und nach Lindau herstellen und somit weitere Fahrmöglichkeiten im Abschnitt Lindau – Wangen bieten.

Viele Beteiligte ziehen an einem Strang

Laut Gerhard Schnaitmann von der Nahverkehrsgesellschaft Baden-Württemberg ist dieses Angebotssystem für das württembergische Allgäu ein Kompromiss, der zwischen allen Beteiligten in einem intensiven Abstimmungsprozess gefunden wurde. Dies bestätigt auch Klaus Gerke, der bei der DB ZugBus Regionalverkehr Alb-Bodensee als zuständiger Planer für die konkrete Fahrplangestaltung zuständig ist. Es sei eine Herausforderung gewesen, mit dem zur Verfügung stehenden Kilometerkontingent einen stimmigen Fahrplan einschließlich der Fahrzeugumläufe zu konstruieren, so Gerke.

Dieter Krattenmacher sieht für die Städte und Gemeinden an den Strecken im württembergischen Allgäu eine Verbesserung des Zugangebots als einen weiteren Schritt in Richtung durchgehender Stundentakt. Weil trotz Kürzung in den letzten Jahren mehr Fahrgäste gezählt werden konnten, sei ein verbessertes Angebot gerechtfertigt und notwendig. Die Gemeinde Kißlegg, so Krattenmacher weiter, sei bereit, ihren entsprechenden Teil an Verantwortung zu tragen und übernimmt in Kißlegg seit dem gestrigen Tage den Fahrkartenverkauf. Bahnfahrkarten, auch Verbundfahrscheine, sind jetzt im Bürgerbüro im Schloss in Kißlegg erhältlich.

Im Zuge der Änderungen im Zugangebot mussten auch die Busfahrpläne an die veränderten Abfahrtzeiten angepasst werden, um vor allem in den Knotenbahnhöfen Wangen und Leutkirch die Zug-/Busanschlüsse zu wahren. Diese Anpassung war von erheblichem Umfang, so Silvio Matt, Leiter der RAB-Niederlassung Friedrichshafen, weil einige Linien und Fahrpläne, auch im sensiblen Schülerverkehrs-bereich, davon betroffen waren. Das Ziel, nämlich eine bestmögliche Verknüpfung von Zug und Bus im Allgäu, konnte nach Einschätzung von Matt erreicht werden. Für Peter Brecht, Vertreter des Landratsamts Ravensburg, ist dieses Konzept ein wichtiger Schritt, um der im Nahverkehrsplan des Landkreises gestellten Aufgabe einer Verbesserung der Verkehrsverhältnisse näher zu kommen. Ein leistungsfähiges Bedienungsangebot auf der Schiene bilde, so Brecht, das Rückgrat für den ÖPNV und ermöglicht bei konsequenter Vernetzung mit dem Busangebot ein durchgehendes, attraktives Gesamtangebot.

Informationsbroschüre und SchnupperAbo

Der bodo-Verkehrsverbund wird für das Angebot werben. bodo-Geschäftsführer Jürgen Löffler stellte eine druckfrische Informationsbroschüre vor, die ab kommende Woche überall verfügbar sein und auch in den Zügen verteilt wird.

bodo legt noch eins drauf – nämlich mit der Aktion „SchnupperAbo", mit der man im Aktionszeitraum Januar bis Juni 2012 drei Monate zum günstigen Abopreis Bus und Bahn erschnuppern kann. Interessierte können dann ganz unverbindlich testen, so Löffler, ob Preis und Leistung auf der von ihnen benötigen Strecke interessant sind. Das SchnupperAbo endet automatisch, es sei denn, der Kunde ist überzeugt und will von sich aus verlängern. Für Sofort-Entschlossene, die es nicht erwarten können, die besseren Zugverbindungen im Allgäu zu erschnuppern, gibt es ein Aktionsangebot: Wer ab sofort für Januar bis März 2012 ein Allgäu-SchnupperAbo bestellt, erhält es schnellstmöglich geliefert und kann damit bereits im Dezember fahren - ohne zusätzliche Kosten, denn bezahlt werden nur die 3 Monate. Der Bestellschein ist in der Informationsbroschüre enthalten und kann zudem im Internet unter www.bodo.de abgerufen werden. Letzter Bestelltermin für ein Schnupper-Abo ist der 15. März 2012 für ein Schnupper-Abo von April bis einschließlich Juni 2012.

Tarif-Tipps

Löffler führte weiter aus, dass im Abschnitt Wangen – Lindau – Kressbronn zwar der bodo Tarif nicht gilt, es aber einige tarifliche Angebote gibt, die eine durchgehende Fahrt vom Bodensee ins Allgäu – und natürlich umgekehrt – ermöglichen:

Beispielsweise das Baden-Württemberg-Ticket, das auch auf den Streckenabschnitten Kressbronn - Lindau und Lindau – Kißlegg – Memmingen (und weiter nach Ulm) gilt.

Oder im Gegenzug das Bayern-Ticket, das auch auf dem württembergischen Streckenabschnitt Hergatz – Kißlegg – Memmingen gilt. Auch mit dem RegioTicket der Bahn, das für Hin- und Rückfahrt in Zügen bis 50 km gilt, kann man günstig zwischen Allgäu und Bodensee fahren.

Oder die Zone Ost der Tageskarte Euregio Bodensee, mit der man Zug- und Buslinien bis Ravensburg, Wangen, Isny, Oberstaufen und in Teilen Vorarlbergs nutzen kann. Diese hochinteressante, internationale Tageskarte kostet ab 11. Dezember 16,50 Euro (für eine Zone) für einen Erwachsenen, mit BahnCard 13,00 Euro. Die Fähre Friedrichshafen-Romanshorn ist im Übrigen inklusive.

Für Fahrradtouren im Allgäu bietet sich zudem die kostenlose Fahrradmitnahme in Oberschwaben und im Allgäu an: Zwischen Bad Saulgau und Marstetten-Aitrach und bis Wangen kann man das Fahrrad kostenlos mitnehmen. Auch Pendler profitieren davon, denn die kostenlose Mitnahme gilt 7 Tage die Woche.

Darüberhinaus verkehren an den Sommerwochenenden wieder die beliebten Radexpress-Züge Aulendorf – Bad Wurzach und Aulendorf – Pfullendorf, selbstverständlich ebenfalls mit kostenloser Radmitnahme. Mit der Verbesserung des Zugangebots im Allgäu, so Löffler, wird auch der Freizeitverkehr attraktiver, weil das Plus an Zügen eine größere Flexibilität bei der Tagesgestaltung ermöglicht. Dadurch wird der Besuch von Sehenswürdigkeiten erleichtert und die Umsteigemöglichkeiten in Aulendorf auf die sonntäglich verkehrenden Radexpresszüge werden ebenfalls besser. Die bestehende Kooperation mit dem Bauernhausmuseum Wolfegg wird anlässlich der Schwabenkinderausstellung zudem auf neue Beine gestellt, das neue Fahrplanangebot passt laut Löffler wunderbar dazu.