Der Geschäftsbereich Transportation Systems von Thales Deutschland hat für die Deutsche Bahn AG in Renningen (Landkreis Böblingen) eine Testanlage zur Erprobung der Distributed Control Architecture (DCA) in Betrieb genommen. Zum ersten Mal kommt hier diese neue Technologie zur Feldelementansteuerung unter realistischen Bedingungen, wie Beeinflussungsspannung, Vibration durch fahrende Züge sowie Wind und Wetter, zum Einsatz. Über die Laufzeit von einem Jahr soll die Bahntauglichkeit dieser Anlage über alle vier Jahreszeiten hinweg nachgewiesen werden.

Durch die Einführung von DCA ermöglicht Thales Deutschland seinen Kunden künftig eine vom Stellwerkskern abgesetzte Feldelementansteuerung über Technikschränke - sogenannte Trackside Control Units (TCUs) - die nahe am Gleis positioniert werden können. DCA entspricht dabei der NeuPro Ziel-Architektur der Leit- und Sicherungstechnik, wie sie von der DB Netz AG angestrebt wird. Die Anbindung der TCUs erfolgt über standardisierte Schnittstellen, moderne Standardnetzwerktechnik sowie über ein neues Powerbus-Konzept für die Energieversorgung. "Die Vorteile dieser Architektur sind zum einen hohe Einsparungen bei der Kabelanlage und dem Tiefbau. Zum anderen wird die Feldelementansteuerungsebene des ESTW L90 technologisch modernisiert und die Innenanlage kann mittelfristig deutlich kompakter werden", erläutert Nico Schwan, der für das Projekt verantwortliche Product Line Manager bei Thales Deutschland. TCUs werden dabei in unterschiedlichen Größen für eine unterschiedliche Anzahl von Feldelementen eingesetzt.

"Für uns ist die Inbetriebnahme der Testanlage in Renningen ein wichtiger Meilenstein, da erstmalig ein Technikschrank zur Ansteuerung einer Vielzahl unterschiedlicher Feldelemente zum Einsatz kommt", kommentiert Timo Eschtruth, Leiter Anlagen-, Instandhaltungs-und Projektmanagement für die Signaltechnik der DB Netz AG. "Die in Renningen eingesetzte große TCU-Variante ist insbesondere für diejenigen Streckenabschnitte konzipiert, bei denen wir eine hohe Anzahl unterschiedlicher Feldelemente auf kurzer räumlicher Distanz ansteuern müssen", so Eschtruth weiter. Kleinere, momentan in der Planung befindliche TCU-Varianten, kommen vermehrt auf der freien Strecke mit wenig anzusteuernden Elementen zum Einsatz. Durch diese Flexibilität ist gewährleistet, dass jede Streckentopologie mit einer optimalen Lösung bedient werden kann.

Die Testanlage in Renningen besteht aus einer TCU sowie einem Testcontainer, welcher ein L90 Element-Ansteuer-Modul (EAM), die Main Power Unit (MPU) sowie die Feldelemente enthält. Um möglichst wenig in den Betrieb einzugreifen, befindet sich die Anlage nicht unter Sicherheitsverantwortung, vielmehr werden die Elemente mit Testprogrammen von einer Stellwerkskern-Software im Dauerlauf gesteuert.

Die Testanlage verfügt außerdem über eine erweiterte, Point-of-Service (PoS) konforme Konfiguration für das Netzwerk. Die Konfiguration entspricht dabei einer Anlage, wie sie in einem größeren Projekt mit vier TCUs voll redundant aufgebaut werden würde. Außerdem wird die zu erwartende Netzlast der voll ausgebauten Anlage erzeugt, um das Netzwerkkonzept von Thales Deutschland unter realistischen Bedingungen testen zu können. Darüber hinaus wurden bereits die ersten Schritte zur Realisierung des Thales-Powerbus-Konzeptes umgesetzt. Der Thales-Powerbus ermöglicht die dezentrale Energieversorgung entlang einer Strecke gemäß des Point-of-Power (PoP) Konzeptes und bildet somit den Lückenschluss für komplexe DCA- und NeuPro-Topologien.