Als ein „Signal, das nicht ignoriert werden kann", hat der Vorsitzende der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG), Alexander Kirchner, die massive Kritik an den Eisenbahnen, nach den unwetterbedingten Zugausfällen der jüngsten Tage bezeichnet. In der Kritik stehen jedoch nicht nur die Eisenbahnen sondern insbesondere auch die Politik, machte Kirchner deutlich. Die werde ihrer Verantwortung immer weniger gerecht und verschlechtere zunehmend die Rahmenbedingungen für den Verkehrsträger Schiene. Insbesondere die Länder und deren Verkehrsverbünde schraubten die Qualitätsansprüche an den Bahnverkehr ständig nach unten.

Nach Auffassung des EVG-Vorsitzenden macht sich das Fehlen von Zugbegleitern und Servicekräften zunehmend nachteilig bemerkbar. „Häufig ist einfach keiner mehr da, den Reisende fragen könnten", kritisiert Kirchner. Und diese Situation würde sich künftig noch verschärfen.

Die Länder, als Besteller vom Nahverkehrsleistungen, gingen zunehmend dazu über, den Einsatz von gut ausgebildeten Zugbegleitern „aus dem Pflichtenheft zu streichen". Ziel sei: „Hauptsache billig". Das Kriterium Qualität spiele im Nah- und Regionalverkehr kaum noch eine Rolle. „Wenn dann mal was passiert, ist niemand mehr da, der Reisenden zur Seite steht; diese Fehlentwicklung muss rechtzeitig gestoppt werden", machte der EVG-Vorsitzende deutlich.

Bis Ende 2014 würden bundesweit rund 50 Verkehrsverträge neu ausgeschrieben, das seien etwa 40 Prozent des gesamten Marktes in Deutschland. „Wenn die Politik jetzt die Weichen falsch stellt, werden Bahnreisende darunter die nächsten 15 Jahre zu leiden haben", stellte der EVG-Vorsitzende fest. Der politische gewollte Wettbewerb zwischen der DB AG und ihrer privaten Konkurrenz biete die große Chance, sich unter verschiedenen Anbietern das beste Angebot auszuwählen. Die gewünschten Standards müssten die Länder festlegen und über ihre Verkehrsverbünde in die Ausschreibungen aufnehmen. „Wir befürchten jedoch einen erneuten Wettbewerb über den Preis, der zu Lasten der Qualität – und damit auf Kosten der Bahnreisenden geht", kritisierte Kirchner.

Der Verkehrsträger Bahn sei nur dann attraktiv für alle, die vom Auto umsteigen wollen, wenn der Service stimmt. Dazu gehöre neben einer ausreichenden Zahl an qualifizierten Zugbegleitern auch eine umfassende Informationskette. Festzustellen sei jedoch, dass Reisende bei Zugausfällen oft nur unzureichend über alternative Fahrmöglichkeiten informiert würden. Das Informationsbedürfnis der Fahrgäste würde oft "sträflich vernachlässigt", machte Alexander Kirchner deutlich.

Der EVG-Vorsitzende forderte die DB AG und ihre privaten Wettbewerber auf, „Geld in die Hand zu nehmen", damit der „Makel einer unzureichenden Information" über den Reiseverlauf so schnell wie möglich beseitigt werde. Es kann doch nicht sein, dass Reisende über eine App auf dem Handy besser über aktuelle Zugverbindungen informiert sind, als über die Zuganzeige auf dem Bahnsteig, so Kirchner.