Mehrere tausend Eisenbahner wollen am Dienstag, den 25.2.2014, ihrem Zorn über das so genannte 4. Eisenbahnpaket Luft machen. Allein aus Deutschland werden mehr als 1000 EVG-Mitglieder nach Straßburg fahren, um an einer Großdemonstration vor dem Europaparlament teilzunehmen. „Dieses deutliche Signal dürfen die Abgeordneten nicht ignorieren, wir erwarten, dass es noch deutlich Änderungen an den Inhalten des 4. Eisenbahnpakets geben wird", machte der EVG-Vorsitzende Alexander Kirchner deutlich.
Europa will den Wettbewerb der Eisenbahnen stärken. Ein Mehr an Liberalisierung soll die Angebote im Personenfernverkehr auf der Schiene qualitativ verbessern und zugleich preislich attraktiver machen. „Das darf aber nicht zu Lasten der Beschäftigten und der Reisenden gehen", stellt Alexander Kirchner fest. Im Augenblick drohe die Gefahr, dass sich Eisenbahnverkehrsunternehmen künftig vornehmlich auf gut frequentierte Rennstrecken konzentrieren und in der Folge Zubringerverkehre oder die Anbindung der Regionen außerhalb der Ballungsräume sprichwörtlich auf der Strecke bleibe. Das sei sicher nicht im Sinne der Reisenden.
Nicht im Sinne der Gewerkschaften ist, dass das 4. Eisenbahnpaket eine Einschränkung des Streikrechts vorsieht. Im Falle eines Arbeitskampfes soll eine Art Notdienst den öffentlichen Verkehr in Grundzügen aufrecht erhalten. „Eine solche Einschränkung ist für uns völlig inakzeptabel", so Kirchner. Die Gewerkschaften gingen mit dem Recht auf Arbeitskampf sehr maßvoll und verantwortungsbewusst um; zur Durchsetzung von Arbeitnehmerinteressen müsse dieses Druckmittel erhalten bleiben.
Der EVG-Vorsitzende kritisierte zudem, dass das 4. Eisenbahnpaket weiterhin die faktische Zerschlagung so genannter Integrierter Konzerne vorsehe. „Wenn Netz und Betrieb von einander getrennt werden, wird das verheerende Folgen haben", warnte Kircher. Heute könnten beispielsweise Lokführer, die ihren Beruf nicht mehr ausüben könnten, problemlos in andere Unternehmensbereiche wechseln. Würden Eisenbahnverkehrsunternehmen in mehrere eigenständige Firmen zerschlagen, sei diese Durchgängigkeit nicht mehr gewährleistet. „Im schlimmsten Fall droht dem Kollegen dann sie Arbeitslosigkeit", so Kirchner.
Aber auch für den eigentlichen Betrieb sei eine Trennung hinderlich und teuer. So müssten beispielsweise in Frankreich immer häufiger Mediatoren eingesetzt werden, weil sich der Netzbereich, der die Gleise in Ordnung halte, mit dem Betrieb, der die Züge fährt, nicht auf Reparaturtermine verständigen könne. „Dass Jeder nur noch seine eigenen Interessen verfolgt, ist weder im Interesse der Beschäftigten noch dem der Reisenden und macht das System Schiene letztlich unattraktiv", stellt der EVG-Vorsitzende fest.
Dass sich die Eisenbahner Europas in ihrer Ablehnung des 4. Eisenbahnpakets in der vorliegenden Form einig sind, machte die Beteiligung an der Demonstration in Straßburg deutlich. Für den 25. Februar haben sich Delegationen aus Österreich, Belgien, Kroatien, Finnland, Frankreich, Deutschland, Ungarn, Italien, Luxemburg, Norwegen, Schweden, der Schweiz, der Türkei und Großbritanniens angekündigt.
Seitens der EVG werden Eisenbahnerinnen und Eisenbahner aus dem Bereich der Geschäftsstellen in Augsburg, Berlin, Cottbus, Dresden, Duisburg, Düsseldorf, Erfurt, Frankfurt, Halle, Hamm, Hannover, Karlsruhe, Kassel, Mainz, Mannheim, Nürnberg, Potsdam, Saarbrücken, Stuttgart, Ulm und München teilnehmen.
„Wir protestieren nicht gegen Europa. Für uns gibt es keine Alternative zu Europa. Aber wir wollen ein Europa, das die Interessen der Menschen in den Mittelpunkt des politischen Handelns stellt", so der EVG-Vorsitzende Alexander Kirchner