Presseberichten vom 13.6.2014 zufolge hat sich Bahnchef Grube bei der Ministerpräsidentin von Nordrhein-Westfalen, Frau Hannelore Kraft, über die Bedingungen beschwert, die der Ausschreibung des Rhein-Ruhr-Express (RRX) zugrunde liegen. Die Deutsche Bahn fürchtet, dass ihre Nahverkehrstochter DB Regio im Wettbewerb mit anderen Anbietern nicht bestehen könnte. Dann würden viele Bahnmitarbeiter ihren Arbeitsplatz verlieren. Deshalb fordert sie, dass ihr Lohn- und Gehaltsniveau für alle Anbieter verbindlich vorgeschrieben wird und der Gewinner der Ausschreibung das Personal von DB Regio übernehmen muss. Ferner möchte sie die Entscheidung nicht akzeptieren, dass Fahrzeuge und deren Wartung getrennt von dem eigentlichen Zugbetrieb ausgeschrieben werden.
„Mit diesen Forderungen zeigt Herr Dr. Grube deutlich, dass es ihm nach wie nicht um fairen Wettbewerb geht. Vor wenigen Tagen lobte er bei Vorstellung des DB-Wettbewerbsberichts noch die wettbewerbsfreundliche Haltung der DB. Aber wenn es darauf ankommt, setzt er persönlich die Politik unter Druck, um zu erreichen, dass der Wettbewerb zu seinen Bedingungen veranstaltet wird", kommentierte Wolfgang Meyer, Präsident von mofair, des Verbandes der wettbewerblichen Verkehrsunternehmen auf Schiene und Straße, das widersprüchliche Vorgehen der Deutschen Bahn.
Die Ausschreibung des RRX steht in voller Übereinstimmung mit den Gesetzen. Selbstverständlich wird das nordrhein-westfälische Tariftreuegesetz strikt und vollständig angewandt. Alle Bieter müssen mindestens die in NRW vorgeschriebenen Löhne und Gehälter zahlen. Die Behauptung, es gäbe Personalkostenunterschiede zwischen DB Regio und deren Wettbewerbern von 10 % und mehr entbehrt jeder Grundlage und wurde von der Deutschen Bahn bisher auch nicht belegt. Allen Bietern werden weitere, für alle gleiche Sozialstandards in den Ausschreibungsbedingungen auferlegt. Im Übrigen braucht auch der Gewinner der Ausschreibung Personal. Angesichts der Personalsituation werden alle Mitarbeiter der Deutschen Bahn, die wechseln wollen, gewiss einen neuen und gleichwertigen Arbeitsplatz in der Branche finden. Die Betriebsaufnahme und damit der Wechsel erstrecken sich über mehrere Jahre.
Sollten die Ausschreibungsbedingungen nicht in ihrem Sinne verändert werden, droht die Deutsche Bahn sogar damit, sich aus der Ausschreibung in NRW zurückzuziehen. „Sollte die Deutsche Bahn wirklich so ineffizient sein, wie sie hier behauptet, wäre es nicht schade darum. Qualifizierte und leistungsfähige wettbewerbliche Eisenbahnverkehrsunternehmen stehen bereit, die RRX-Leistungen zu wettbewerbsfähigen Preisen zu erbringen", sagte der mofair-Präsident. „Davon haben alle etwas: die Beschäftigten gute Löhne und für die Vertragsdauer von 30 Jahren gesicherte Arbeitsplätze; die Fahrgäste keine überteuerten Tickets und nicht zuletzt die Steuerzahler niedrigere Zuschüsse für den RRX."
Der Sicherstelllung des Betriebs des RRX dient auch die getrennte Ausschreibung der Fahrzeuge und der Verkehrsleistungen selbst. Wie sehr diese Trennung notwendig ist, hat die Deutsche Bahn mit der eigenen S-Bahn in Berlin deutlich gemacht. Aus Renditestreben hat sie den dortigen Fahrzeugpark so sehr vernachlässigt, dass sie jahrelang die vereinbarten Verkehrsleistungen gar nicht erbringen konnte zum unendlichen Leidwesen der Fahrgäste und der Berliner Politik. „Das scheint den Verantwortlichen in NRW ein warnendes Beispiel gewesen zu sein", sagte Wolfgang Meyer, „es gehört deshalb schon einiger Hochmut dazu, mit so viel eigener unternehmerischer Fehlleistung die Ausschreibungsbedingungen in NRW zu kritisieren".
Herr Grube hat sich während eines laufenden Vergabeverfahrens an die Ministerpräsidentin gewandt mit dem Ziel einer Änderung der Vergabebedingungen. Ihm scheint ihm nicht bewusst zu sein oder er scheint es zu ignorieren, dass es zu den unverrückbaren Prinzipien des Vergaberechts gehört, dass die Ausschreibungsbedingungen nachträglich nicht geändert werden können, damit es einem der Bieter passt. „Ich hoffe nicht, dass Herr Grube die Ministerpräsidentin zum Rechtsbruchverleiten wollte. Insoweit kann die Ministerpräsidentin nicht umhin, als den Brief von Herrn Grube auch zukünftig unbeantwortet zu lassen", sagte Wolfgang Meyer, „gerade aber deshalb wäre eine Reaktion der Vergabestelle dringend erforderlich: der Ausschluss der Deutschen Bahn vom Vergabeverfahren wegen unzulässiger Einflussnahme während des Vergabeverfahrens."