Die Schienen-Control vermittelt als staatliche Schlichtungsstelle im Streitfall zwischen BahnkundInnen und Eisenbahnunternehmen in Österreich. Die Schlichtungsverfahren sind für die Fahrgäste unentgeltlich und ersparen ihnen den kostspieligen und zeitaufwändigen Gerichtsweg.
Zunahme der Schlichtungsarbeit durch Fahrgastrechte und höhere Bekanntheit
Die Schlichtungsstelle der Schienen-Control verzeichnete 2011 mit 659 Beschwerden rund ein Drittel mehr Fälle als im Jahr zuvor. Dies ist einerseits darauf zurückzuführen, dass Bahnreisende seit zweieinhalb Jahren einen rechtlichen Anspruch auf Entschädigung bei Zugverspätungen haben. Sie wenden sich insbesondere zur Klärung ihrer Ansprüche und bei langer Bearbeitungsdauer durch das Bahnunternehmen an die Schienen-Control. Andererseits konnte die Schlichtungsstelle ihre Bekanntheit steigern, indem sie ihre Aufgaben mittels Website, Folder und Medienarbeit kommuniziert.
Mehr als 80 Prozent der Schlichtungsverfahren mit positivem Ergebnis
Geschäftsführerin Mag. Maria-Theresia Röhsler, LL.M., MBA berichtet: „Wir haben im Jahr 2011 als Schlichtungsstelle vielen Fahrgästen unbürokratisch und rasch bei ihren Fragen und Beschwerden geholfen. Oft konnten wir bereits binnen zwei bis drei Wochen eine Lösung finden." In acht von zehn Fällen gelang es der Schlichtungsstelle, die Anliegen der BahnfahrerInnen zu einem positiven Ausgang für alle Beteiligten zu bringen. Die Schienen-Control erzielte Entschädigungen und Strafnachlässe in der Höhe von rund 27.540 Euro. Es ging nicht nur um Geldforderungen, oftmals war den Beschwerdeführern eine klare Information oder rasche Stellungnahme seitens des Bahnunternehmens wichtig.
Fahrgeldnachforderungen und Inkassogebühren wieder auf Platz 1 der Beschwerdegründe
Wie bereits in den Jahren zuvor stellen Fahrgeldnachforderungen (z. B. Strafzahlungen bei fehlendem oder falschem Ticket, vergessenem Ermäßigungsausweis), Inkassogebühren und Fahrpreiserstattungen mit 37 Prozent auch 2011 die größte Gruppe dar. Auf Platz 2 findet sich die Kategorie Information und Kundenkontakt (17 Prozent). In diese Kategorie fallen vor allem Beschwerden, bei denen ein Bahnunternehmen Fehlauskünfte erteilte oder seit längerem keine oder keine adäquate Antwort übermittelte. Platz 3 nimmt die Kategorie Personal ein (11 Prozent). Beschwerdeführer kritisierten dabei unfreundliches Verhalten von BahnmitarbeiterInnen, häufig im Rahmen von Fahrgeldnachforderungen.
Verbesserungen für Fahrgäste bei ÖBB-Personenverkehr AG erzielt
Die Schlichtungsstelle konnte beispielsweise durch wiederholte Intervention durchsetzen, dass Fahrgäste im Kinder- und Jugendalter seit 1. Juli 2011 einen tariflichen Anspruch auf eine reduzierte Fahrgeldnachforderung haben. Davor wurde im Wege der Kulanz entschieden.
Beim Kauf von Onlinetickets ist speziell Vorsicht geboten, da sie namensgebunden sind und weder umgetauscht noch erstattet werden. Auf Empfehlung der Schlichtungsstelle wurden zur Fehlerreduktion einige Eingabefelder im Buchungssystem verbessert und bei speziellen Angeboten Hinweise betreffend Ticket- und Preisverfügbarkeit eingefügt. Aufgrund zahlreicher weiterer Probleme bedarf es allerdings baldmöglichst einer Totalreform des Vertriebssystems.
Fortschritte bei der Umsetzung der Fahrgastrechte
Mit dem Inkrafttreten der Fahrgastrechte wurden den Bahnunternehmen einige Informationspflichten auferlegt. Sie müssen auf ihren Websites auf die Schlichtungsstelle hinweisen. „Im Dezember 2011 haben wir erreicht, dass Aushänge über die wichtigsten Fahrgastrechte in allen ÖBB-Bahnhöfen angebracht wurden. Das ist ein weiterer Schritt in der Information der Kundinnen und Kunden", so Röhsler. Entscheidungen der Schienen-Control führten zu Verbesserungen bei den Entschädigungsbedingungen, unter anderem für Fahrgäste mit Einzeltickets im Fernverkehr (z. B. wurden die meisten Gründe für das Verweigern von Verspätungsentschädigungen gestrichen) und für Besitzer einer ÖSTERREICHcard (sie erhalten bei Verspätungen bis zu zehn Prozent des Verkaufspreises pro Jahr entschädigt).
Weiterentwicklung der Fahrgastrechte wichtig
Zur Stärkung der Fahrgastrechte ist eine Gesetzesnovelle geplant. Die Schienen-Control hat ihre Vorschläge zur Weiterentwicklung eingebracht. Sie würde angesichts der kurzen Distanzen in Österreich begrüßen, wenn künftig statt der 60-Minuten-Grenze eine 30-Minuten-Grenze für einen Entschädigungsanspruch im Fernverkehr vorgesehen wird. Aus Sicht der Schienen-Control sollten bei sämtlichen Verstößen gegen Bestimmungen der Fahrgastrechteverordnung Sanktionen vorgesehen sein. Der Schlichtungsstelle sollte darüber hinaus das Recht erteilt werden, die Tarife und Beförderungsbedingungen auf Gesetzmäßigkeit zu überprüfen. Das würde die Transparenz und Akzeptanz bei den Fahrgästen erhöhen. Die rechtliche Kompetenz der Schlichtungsstelle müsste ausgeweitet werden, um ein effizientes Schlichtungsverfahren sicherzustellen.