Logo Deutsches VerkehrsforumAuf der Veranstaltung der Parlamentsgruppe Schienenverkehr im Deutschen Bundestag mit dem Deutschen Verkehrsforum hat der der brandenburgische Verkehrsminister Jörg Vogelsänger eine deutliche Warnung ausgesprochen: "Ab dem Jahr 2013 bin ich erstmals dazu gezwungen, weniger Schienenverkehr zu bestellen. Wir haben in Brandenburg Vorarbeit geleistet und bereits eine Zweckbindung der Bundesmittel aus dem Entflechtungsgesetz für den Nahverkehr beschlossen. So ist eine gewisse Absicherung der zu erwartenden Gelder erreicht, die dann nicht für andere Bereiche ausgegeben werden können. Allerdings wissen wir nicht, was der Bund bereitstellen wird. Insgesamt fehlt allen Bundesländern die Planungssicherheit bei den Regionalisierungs-, Entflechtungs- und EU-Mitteln für den Öffentlichen- und Schienenpersonennahverkehr (ÖPNV/ SPNV). Das ist dramatisch: Ein zukunftsfähiger ÖPNV steht auf dem Spiel".

"Wir brauchen eine Anschlussfinanzierung des so genannten Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetzes GVFG ohne die Fehlanreize der jetzigen Regelung zu wiederholen, wie etwa die Förderung von teuren Infrastrukturen, bei der die finanzielle Absicherung der Ersatzinvestitionen fehlt." forderte Dr. Anton Hofreiter MdB, Vorsitzender des Ausschusses für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung im Deutschen Bundestag und Vorsitzender der Parlamentsgruppe Schienenverkehr. Deshalb hätten Kommunen fehl investiert, beispielsweise in teure U-Bahnen, weil diese durch das GVFG gefördert wurden und der Erhalt dieser Infrastruktur nun nicht mehr bezahlbar wäre.

Ein düsteres Bild zeichnete der Verkehrsexperte Dr. Jan Werner, Partner bei KCW GmbH, für die Zukunft des ÖPNV, dessen Aufwand um mindestens 1,5 Prozent jährlich steige: "Der Wertverzehr der vorhandenen Investitionsgüter und damit der Bedarf für Ersatzinvestitionen wird im Aufwand des ÖPNV nicht richtig erfasst. Relevant ist dieses insbesondere für die sehr aufwändigen Sanierungs- und Erhaltungsmaßnahmen von Kunstbauten wie U-Bahn Tunneln, Brücken und Viadukten. Hier rechtzeitig Vorsorge zu treffen ist bilanztechnisch schwierig und auch ökonomisch schwer umsetzbar: Wer heute von der "Hand in den Mund" lebt, kann kaum Vorsorge für Aufwendungen leisten, die erst in 30 bis 50 Jahren fällig werden. Die Politik ist allerdings zu Handlungen in naher Zukunft verpflichtet, weil in den zwanziger Jahren nach und nach umfangreiche Ersatzinvestitionen für die Anlagen verstärkt anfallen, die in den 60er und 70er Jahren des letzten Jahrhunderts auf der Basis des GVFG finanziert wurden. Dabei ergibt sich nach überschlägiger Rechnung: Selbst wenn die Finanzmittel im Bereich Entflechtungsgesetz/GVFG in derselben Größenordnung wie bisher bereit gestellt würden, könne man allein darauf gestützt die jetzige Qualität des Nahverkehrs langfristig nicht aufrecht erhalten. Es stehen daher "harte Zeiten" für die verantwortlichen Politiker an."

Als Basis für Forderungen an andere gelte es, in den Unternehmen selbst zu beginnen und das heiße Kosten senken und Erlöse steigern, erklärte Ulf Middelberg, Sprecher der Geschäftsführung Leipziger Verkehrsbetriebe GmbH. Damit könne jedoch lediglich die Inflation und Kostenentwicklung aufgefangen werden. "Was wir als Verkehrsunternehmen benötigen sind eine haushaltsunabhängige Basisfinanzierung für Substanzerhalt, die Absicherung der Investitionsmittel für Verkehrswege, den Erhalt der Zweckbindung und eine Flexibilisierung der Förderbedingungen, wie beim besonderen Bahnkörper." Middelberg betonte, dass öffentliche Infrastruktur auch öffentliches Geld von Bund und Land benötige.

Hintergrund Gesetzeslage: Bund und Länder unterstützen die Kommunen finanziell, damit diese ihr ÖPNV-Angebot und die Qualität ihrer Verkehrswege verändern und modernisieren können. Seit 1971 wird dies über das so genannte Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz (GVFG) und seit 2007 über das Entflechtungsgesetz geregelt. Diese Bundesförderung soll im Jahr 2019 enden. Deren bisherige Höhe von 1,67 Milliarden Euro pro Jahr gilt nur noch bis 2013. Ab 2014 entfällt zudem die Zweckbindung der Gelder für verkehrliche Zwecke. Für den Zeitraum 2014 bis 2019 ist die Höhe der Finanzierung des Bund an die Länder zur Förderung der Verkehrswege in den Kommunen noch offen. Dies sollte diesen Herbst bei den Verhandlungen zwischen Bund und Ländern im Rahmen Fiskalpaktes beschlossen werden, ist jedoch immer noch nicht verabschiedet.