Am 01.11.2012 fand in München der 7. Bayerische Nahverkehrskongress statt. Rund 500 Vertreter aus Politik, Verwaltung, Verkehrs- und Infrastrukturunternehmen, Verbünden, Verbänden und Industrie waren der Einladung der Bayerischen Eisenbahngesellschaft (BEG) gefolgt und diskutierten schwerpunktmäßig über die Finanzierung des Regionalverkehrs. „Mobilität von morgen – viele Wünsche, wenig Geld. Wo geht die Reise hin?" lautete der Titel der hochkarätig besetzten Veranstaltung. Beherrschende Themen waren die zunehmende Schieflage bei der Finanzierung des Regionalverkehrs sowie der Investitionsstau beim Infrastrukturausbau.

Finanzierung des Schienenverkehrs nicht ausreichend

Während die Regionalisierungsmittel, die der Bund den Ländern zur Finanzierung des Regionalverkehrs zur Verfügung stellt, pro Jahr lediglich um 1,5 Prozent erhöht werden, sind die Gebühren zur Benutzung der Gleise und Stationen in den letzten elf Jahren um 55 Prozent gestiegen. Bayern gibt jährlich rund 900 Millionen Euro für die Bestellung des Regional- und S-Bahn-Verkehrs aus. 560 Millionen davon fließen inzwischen als Infrastrukturgebühren an die Töchter der DB AG und somit zurück zum Bund. Das sind über 60 Prozent, Tendenz steigend. Diese ungebremste Gebührenerhöhung steht zunehmend in der Kritik. Denn sie gefährdet – darin sind sich Verkehrsexperten einig – langfristig das Angebot auf der Schiene.

Bayerns Verkehrsminister Martin Zeil würdigte in seiner Rede die erzielten Erfolge im Bahnland Bayern und warnte gleichzeitig vor der chronischen Unterfinanzierung des Systems: „Erstens brauchen wir bei den Infrastrukturinvestitionen mehr Mittel und mehr Konstanz. Zweitens reichen angesichts der horrenden Infrastrukturgebühren die Mittel zur Bestellung des Nahverkehrs nicht mehr aus. Bei der Revision des Regionalisierungsgesetzes muss sich das grundlegend ändern."
Bayern bestellt pro Jahr 116 Millionen Zugkilometer und ist damit Spitze in Deutschland. 22 Wettbewerbsprojekte wurden abgeschlossen, das Fahrplanangebot um 42 Prozent ausgeweitet, der Fuhrpark modernisiert und die Qualität und Fahrgastinformation verbessert. „Die strukturellen und finanziellen Rahmenbedingungen bedrohen unsere bisherigen Erfolge", betonte Fritz Czeschka, Geschäftsführer der BEG. Und die Prognosen sind düster, wenn sich an der

Finanzierung nicht schnell etwas ändert.

Für einen attraktiven, leistungsfähigen, bezahlbaren und umweltfreundlichen Regionalverkehr und ÖPNV machte sich auch Bundesverkehrsminister Dr. Peter Ramsauer stark: „Die Sicherstellung der notwendigen Infrastrukturinvestitionen ist zweifellos eine der dringlichsten Herausforderungen der Verkehrspolitik. Auch in dieser Frage müssen Bund und Länder an einem Strang ziehen. Das gilt für die Absicherung der künftigen Regionalisierungsmittel ebenso wie für die Gemeindeverkehrsfinanzierung nach dem Entflechtungsgesetz. Ich bin sicher, dass der Bund hier seiner Verantwortung gerecht werden wird."

Der Schienenpersonennahverkehr sei und bleibe ein ganz wichtiger Bestandteil des Kerngeschäfts der DB, versicherte Vorstandsvorsitzender Dr. Rüdiger Grube: „Wir investieren in diesem Jahr allein in Bayern mehr als eine Milliarde Euro in das Schienennetz und die Bahnhöfe. Bis Ende 2013 werden insgesamt 600 Regionalzüge im Freistaat modernisiert. Neue Züge bieten künftig mehr Komfort bei der S-Bahn Nürnberg. Bayern wird zudem Pilotregion für neue, innovative Hybridfahrzeuge im Nahverkehr. Davon profitieren nicht nur die Fahrgäste, sondern auch die Umwelt."

Lösungsansätze sind vorhanden

Die meisten Experten auf dem 7. Bayerischen Nahverkehrskongress sind einer Meinung: Ohne Verstärkung der Investitionen des Bundes in die Eisenbahninfrastruktur und ohne ausreichende Mittel für die SPNV-Bestellung fährt nicht nur der Schienenverkehr in eine Sackgasse, sondern mit ihm die Bemühungen um nachhaltige Mobilität in Deutschland.

Dabei mangelt es nicht an konkreten Lösungsvorschlägen: Der Bund sollte die Regionalisierungsmittel erhöhen und nach einem neuen bedarfsgerechten Schlüssel auf die Länder verteilen, sodass Angebotsverbesserungen wie z. B. im Bahnland Bayern honoriert werden. Bei den Infrastrukturgebühren könnten Mehrbestellungen in Form eines Rabattsystems berücksichtigt werden, statt wie jetzt die Länder finanziell zu bestrafen, die mit einem guten Angebot die Attraktivität der Bahn erhöhen.

Der 7. Bayerische Nahverkehrskongress hat heute deutlich gemacht: Das Thema der Finanzierung des Regionalverkehrs wird vorerst nicht an Brisanz verlieren. „Bleibt zu hoffen, dass alle Beteiligten bald Lösungen finden, um das Angebot des umweltfreundlichen Verkehrsträgers Schiene weiter zu verbessern", bilanzierte Czeschka. Denn in Bayern und darüber hinaus sei ein attraktives Bahnangebot einer der wichtigsten Bausteine für die Mobilität von morgen.