Um die Zahl der Verkehrstoten in Deutschland künftig deutlich zu reduzieren, müssen in allen Bereichen - Fahrverhalten, Fahrzeug und Infrastruktur - Maßnahmen sehr konsequent umgesetzt werden. Darüber waren sich führende Experten aus Politik, Wirtschaft und Zivilgesellschaft anlässlich einer Fachdiskussion des Deutschen Verkehrsforums zur Zukunft der Straßenverkehrsicherheit einig.

Es bestehen bereits auf europäischer Ebene als auch in Deutschland Programme und Initiativen zur Verbesserung der Verkehrssicherheit, wie etwa die praxisgerechte Ausbildung von Fahrern, den Einsatz innovativer Fahrzeugtechnologien oder dem Aufbau eines schnellen und leistungsfähigen Rettungswesen.

Stefan Kölbl, Präsidiumsmitglied Deutsches Verkehrsforum, Vorsitzender der Vorstände, DEKRA e.V. und DEKRA SE sagte: "Das Risiko der 18 bis 24-jährigen, tödlich zu verunglücken, ist doppelt so hoch wie im Durchschnitt der Bevölkerung. Hier müssen wir mit mehr Praxisbezug und Aufklärung gegensteuern. Hinzu kommt, dass diese Altersgruppe tendenziell mit älteren Fahrzeugen unterwegs sind, bei denen technische Mängel vermehrt anzutreffen sind. Eine häufigere Überprüfung der älteren Fahrzeuge könnte einen Teil zur Unfallreduzierung beitragen."

Michael Odenwald, Staatssekretär im Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung betonte den Faktor Mensch und Verantwortung: "Bei allen Bemühungen bleibt das regelkonforme Verhalten des Menschen zentral. Hinzu kommen müssen Rücksicht und Verständnis der Verkehrsteilnehmer. Nur so wird mehr Sicherheit geschaffen. Die Bundesregierung hat 2011 das Verkehrssicherheitsprogramm vorgestellt, wonach bis zum Jahr 2020 die Zahl der Verkehrstoten in Deutschland um 40 Prozent reduziert werden soll. Immerhin haben wir im Vergleich zu 1970 mit über 21.000 Verkehrstoten im Jahr 2011 knapp über 4.000 Verkehrstote zu beklagen - das bei Verdreifachung der Fahrleistung und des Fahrzeugbestandes."

Die Beschaffenheit der Straßen müsse verbessert werde, erklärte Ulrich Klaus Becker, Präsidiumsmitglied Deutsches Verkehrsforum, Vizepräsident für Verkehr, Allgemeiner Deutscher Automobil-Club ADAC: "Die Landstraßen sind das größte Sorgenkind, denn dort passieren die meisten und schwersten Unfälle. Durch richtigen Fahrbahnbelag, sichere Überholbereiche und fehlerverzeihende Straßenrandräume könnten viele Unfälle vermieden werden."

Dem stimmte Kurt Bodewig, Präsident Deutsche Verkehrswacht e.V. Bundesminister a.D., voll zu. "Die Landstraße ist gefährlich, vor allem für Motorradfahrer. Schon mit der Errichtung von Motorradgerechten Leitplanken könnten Unfälle abgemildert werden. Wichtig ist für mich auch, dass wir als Transitland eine europäische Harmonisierung der Fahrzeugsicherheit herstellen. Fahrzeuge aus anderen Staaten müssen eine gleich hohe Qualität der Sicherheitsstandards haben wie deutsche Fahrzeuge."

Der Mensch müsse durch das Fahrzeug aktiv unterstützt werden, sagte Klaus Kompass, Leiter Fahrzeugsicherheit, BMW Group: "Fahrerassistenzsysteme und Verkehrstelematik können einen Quantensprung in der Verkehrssicherheit bewirken. Der Bereich der passiven Sicherheit ist weiter wichtig, biete aber für eine deutlich Senkung der Verletzen und Getötentenzahlen künftig nicht mehr so viel Potenzial wie in der Vergangenheit. Jetzt müssen wir den Fahrer durch intelligente Assistenzsysteme soweit unterstützen, dass Unfälle vermieden oder zumindest abgemildert werden."

Uneinigkeit bestand beim Thema Prüfzyklen der Fahrzeuge. Olivier Onidi, Referatsleiter für Innovative and Nachhaltige Mobilität der Generaldirektion MOVE der Europäischen Kommission, bekräftigte die Überzeugung der EU-Kommission, dass einmal jährliche Hauptuntersuchungen für ältere Fahrzeuge europaweit einen Fortschritt brächten. Michael Odenwald sprach sich gegen eine jährliche Überprüfung aus. Der in Deutschland zweijährige Prüfrhythmus reiche aus und habe sich bewährt, so der Staatssekretär.